Jelena & Die Hoffnung
Jelena & Die Hoffnung

Jelena & Die Hoffnung

Jelenas Hoffnung erfüllt sich

– Kurzgeschichte und ein Auszug über Jelenas Erlebnisse kurz vor ihrer Ankunft bei uns.

 

Eine emotionale Geschichte über eine sensible Puppenseele.

 

Jelena

„Hallo Jelena!“, rief meine Freundin Annabella, während sie mir zuwinkte. Ich winkte zaghaft zurück, „leb‘ wohl Anna… leb‘ wohl!“ Nur leicht am Handgelenk hob ich meine Hand und die zarten Fingerchen an. Ja – leb‘ wohl, und ich schaute ihr nach.

„Ich fliege nach Indien, zu…“ Den Rest konnte ich von Annabella nicht mehr verstehen. Ihr Karton war schon verschlossen und verklebt. Ich sah zu, wie ihr Karton zu den anderen gelegt, und zügig verladen wurde.

„Zu Rahul!“ durchdrang ihre freudig helle Stimme doch noch ihr Gehäuse.
Rahul,… Ein guter Name, vielversprechend, möge er wahrlich ein Kämpfer für das Gute sein. Hoffentlich ein guter Mann für Dich, süße Annabella, ein erfülltes Puppenleben Dir,… Ich sah, dass ich meine Hand noch immer angehoben hatte und hoffte, dass sie auch dort ankommt wo sie mit Freude erwartet wird. Indien – da war doch was mit Indien und dem Zoll?
Zu winken traute ich mich schon gar nicht mehr. Wie oft hatte ich das schon getan? Ich weiß es nicht mehr. Andrea, Kim, Bill und Nina. Sie zogen an mir vorüber, hübsch und blutjung, sie sahen aus wie 19 vielleicht 20 und tolle, schlanke Körper hatten sie. Geradenach Idealmaße. Schöne straffe C Körbchen und eine 60er Taille. Appetitlich gebräunt und einfach nur zum Anbeißen. Davon konnte ich nur träumen. Ich bin mit Anfang 40 schon lange nicht mehr so knackig. Ja, blass bin ich geworden, mein Busen hängt und etwas Bauch hab ich auch schon.

Keine Traurigkeit

Und wieder kam es so. Obwohl ich mir geschworen hatte stark zu sein. Habe mir die Sicherheit eingeredet, nicht wieder und immer wieder melancholisch zu werden, nicht wieder traurig zu sein. Nein ich werde nicht traurig, nein. Auch für mich kommt ein Rahul, ein John, ein Hank, ein Jason oder ein Martin, irgendwann.

Ich biss die Zähne zusammen, ballte meine Fäustchen und spannte meinen Körper an.
Und reflexartig zog ich ruckartig Luft ein,… meine Schläfen kribbelten und hinter meinen Augen baute sich der wohl bekannte, leicht brennende Druck auf.

Nein, ich bin nicht traurig. In Strömen flossen wieder meine Tränen. Und dieses Mal waren es bittere Tränen der Einsamkeit und der Verlassenseins; sie liefen über meine Nase. Ich senkte traurig meinen Kopf das die Tränen an meiner Nasenspitze herunter tropften.
Nein, ich konnte nicht mehr nicht traurig sein.
Unmöglich, denn so war es war eben. Traurig.
Ich ließ meine Tränen auf meinen rechten Handrücken fallen.

Das fahle Licht der Hallenbeleuchtung brach sich in ihnen und glitzerte in blau, rot, grün und gelb. Kaum zu glauben, dass solche Farben dieses Neonlicht enthalten. Das einzig Schöne, denn diese Tränen verbrannten meine Haut und ich spürte sie noch lange, auch wenn sie schon lange getrocknet waren.

„Bye Bye liebe Jelena, nicht traurig sein!“ rief mir Giselle noch schnell zu, bevor sie in ihrem Reisekarton verschwand. „Neinein… Alles gut.“ sagte ich noch mit belegter Stimme und winkte ihr vorsichtig mir meiner nassen Hand hinterher… „Bin ich nicht.“

Wer will mich schon?

Haben meine Schöpfer tatsächlich gedacht das jemand so ein altes Mädchen wie mich will?
Dabei habe ich beim Fotoshooting wirklich alles gegeben. Sie machten mir Mut und munterten mich auf, als ich mich im Spiegel sah und sagte, das die Männer doch immer nur junge Mädchen wollen, weil sie in ihren Midlife-Krisen doch immer nur das nachholen wollen, was sie in ihrem bisherigen Leben glaubten, verpasst zu haben.
Die Anfang 50er, Kerle die sich plötzlich wieder die Haare lang wachsen ließen und mit einer rot-weißen, abgewetzten Yamaha Lederjacke rumliefen und meinten, eine 23 Jährige in einer Disco mitnehmen zu können? Den Sugardaddy mimen?

Wie nannten sie mich? MILF. Eine „Mom I’d Like To Fuck“. Na toll. Große Klasse. Mein Herz sagt mir viel mehr, dass ich eine WWWB bin. „Woman Who Wants to Beloved“. Eine Frau die sich danach sehnt geliebt zu werden. Liebe zu geben. Liebe zu Erleben und zum Erlebnis werden zu lassen. Oh glaubt mir, das kann ich und ich wünschte mir nichts mehr als Das.

Und nun war ich noch immer hier… Sehe meine Freunde an mir vorüber ziehen. Sie lachten, sind glücklich. Miriam reist zu Claude, Hannah zu Frank, Tim zu Janine… Oh, gute Wahl Janine. Tim ist Klasse. Tim winkte wortlos. Ich werde ihn vermissen, braungebrannt, Jamaikaner. Nachts haben wir immer heimlich mit seinem kleinen MP3 Player seine Reggea Musik gehört. Jeweils jeder von unse mit einem Knopf seines Kopfhörers im Ohr. Haben uns an die kalten Wände, hinten in dem staubigen Lagerraum gelehnt, wo die Leuchtstoffröhre ausgefallen war. Er war immer ein Sonnenschein und hat mir gesagt, dass auch für mich bald der richtige Mann kommen wird.
Deine Worte in Gottes Ohr, dachte ich und war sicher das Gott auch ein Herz für uns Liebespuppen hat, denn seine wundervollen Geschöpfe haben schließlich uns geschaffen. Diese Brücke muss doch erlaubt sein zu gehen?

Gebete

Und wenn er auch ein Herz für mich hat?
Sollte nicht dann doch bald etwas geschehen?
Und so betete ich zu ihm:
„Schau mich an. Keiner hat mich lieb, nur Du. Ist das das Leben was Du für mich vorgesehen hast? Ich weiß Du machst keine Fehler. Und so möge es geschehen, wie Du es willst. Verfüge über mich und lass es so kommen, wie Du es für richtig hältst.“
Und ich schloss meine Augen. Ließ mich fallen und ergab mich meinen Träumen hin und sogleich in seine bewahrende Hand.

Träume

Ich sah die Welt von oben, Felder und Wiesen. Rehe und Vögel. Sommerflieder, auf denen Schmetterlinge tanzten. Kinder, die mit einem kleinen Hund spielten und Menschen die über Wege gingen, Autos fuhren und andere Leute einander in Freundschaft grüßten. Dort möchte ich so gerne sein. Dort ist es schön. Dann sah ich Wolken über mir, in denen pfeilschnelle Flieger dahin schossen. Ihre zischenden und grollenden Geräusche kamen mir so vertraut vor als hätte ich das alles schon gesehen und gehört.
Das war alles so schön und wundervoll, dass ich den zauberhaften Schmetterling erst gar nicht wahrnahm. Aber nun wollte ich ihn doch genauer ansehen.
„Jetzt öffne Deine Augen.“ Sagte der hübsche Schmetterling zu mir.
„Aber ich sehe Dich doch.“ Konterte ich.
„Öffne sie richtig, konzentriere Dich.“ Meinte er.
Mühsam öffnete ich meine Augen und sah nichts, nur Dunkelheit in der der Schmetterling verblasste.

Wo bin ich? Ein gleichmäßiges Heulen drang an meine Ohren. Und dann noch diese seichten Bewegungen. Hin und wieder hatte ich ein ganz kurzes Gefühl als würde ich fallen, das es in meinem Bauch kribbelte. Aber sehen konnte ich nichts. Gar nichts. Auch bewegen konnte ich mich nicht. Oh, ich bin in einer Reisekiste – ich bin unterwegs. Deswegen ist es auch so dunkel. Mein Gebet wurde erhört, jedoch weiß ich gar nicht wohin? Alle wussten immer wohin sie kommen aber ich? Ich hatte das kurze Hölzchen gezogen, wie immer. Wieder und wieder blieb mir immer nur eines: Hoffnung.
Nach einem Schiff oder eine Bahn klingt das alles nicht, daher denke ich, das ich im Laderaum eines Flugzeuges bin. Ja, doch – die Geräusche passen und als sie leiser wurden und ein Rauschen hörbar wurde nahm ich an das es nun wohl zur Landung geht.
Dein rauer Stoß gab mir darüber dann Gewissheit, das wir am Boden sind.
Es gab ja schon viele Reisegeschichten, die meine ganzen Freundinnen und Freunde aus der Irontech Fabrik erzählt hatten. Nicht alle waren besonders erfreulich. Das es teilweise sehr grob zugeht und das es auch mal unangenehm werden kann wenn Fremde mich und meine Kiste untersuchen. Aber meine Neugier überdeckte meine Furcht vor dem Unbekannten.

Phantasie

Also ließ ich meine Phantasie fließen und stellte mir vor, dass ich womöglich in ein romantisches Zuhause zu einem freundlichen Mann kommen werde, der es gut mit mir meint, mich liebt wie ich bin, mich nicht zu alt findet und dem ich all meine Liebe zukommen lassen kann, wie ich ihm vermag zu geben. Ich möchte hübsch für ihn sein, ich möchte eine Freude für ihn sein. Jeden Tag wenn er mich sieht. Ich möchte für ihn da sein wenn er sich einsam fühlt, mit ihm fernsehen, frühstücken, spielen. Mit ihm schlafen, zärtlich zu ihm sein und ihn spüren. Ich möchte alles das für ihn sein, was er in seinem Leben vermisst.
Außerdem möchte möchte ich alles besser machen als all Jene, die es zuvor in seinem Leben verbockt und verkorkst haben. Ich möchte ihn glücklich machen und immer ein Lächeln für ihn haben, das auch ich glücklich sein kann. Vielleicht ist er ja auch ein Mann der sich unter Menschen unwohl fühlt? Der nur das nötigste erledigt aber dann alleine in seiner Wohnung sitzt? Für ihn kann ich dann alles sein, ja – ich möchte dann alles für ihn sein was er braucht um nicht unglücklich zu sein.
Alle diese Wünsche werde ich mir nicht nehmen lassen, auch nicht dann, wenn ich Kopf stehe, denn so ist es wohl gerade.

Hey Leute! Schaut mal was auf meiner Kiste steht. „Keep Flat“ – das versteht doch wohl jeder, oder? Es schaukelt und dröhnt. Offenbar hatte man mich mit meiner Kiste hochkant schräg an eine Ladebordwand eines LKW gestellt. Ist jetzt nicht wahr, wie kann man so ignorant sein. Kurven und holprige Wege durchfuhren wir. Es kam wie es kommen musste und ich kippte mit meiner Kiste um. Ich kniff die Augen zusammen und biss die Zähne aufeinander – dann kam der Aufschlag. Was steht noch auf meiner Kiste, Na? Richtig, „Handle With Care“ – Ihr Pappnasen! Wenigstens lag ich auf dem Rücken, gut das so mein weicher Busen nicht gedrückt wird. Nachher will man mich nicht weil ich entstellt bin, denn auch wenn er schon ein wenig hängt, so war ich auf meinen schönen Busen immer etwas stolz.

Ankunft

Der LKW hält, quietschend wurde das Ladetor geöffnet, unverkennbar dieses Geräusch. Frauenstimmen, ich wurde getragen und ich verstand das der Fahrerin des LKW nicht einmal eine Sackkarre mitgegeben wurde. Eine Zumutung – was ich los mit Euch? Lest nicht was auf meiner Kiste steht und quält Euch mit schweren Lasten, obwohl es ganz einfache Werkzeuge dafür gibt, aber nicht nutzt? Das alles zeugt nicht gerade von Intelligenz, oder klingt das jetzt arrogant aus Puppensicht? Also echt jetzt – mal ehrlich!
Ich wurde abgesetzt.
Jetzt wurde vorsichtig meine Kiste geöffnet und eine freundliche Frau sah mich liebevoll an. „Hallo Jelena, ich bin Nic.“ sagte sie. Dann – etwas später kam ein Mann hinzu und schaute mich auch so lieb an, dass mein Herz schneller schlug. „Ich bin Steff“, sagte er, “ich bringe Dich nun nach oben, also halt Dich ein wenig an mir fest.“ Er trug mich eine Treppe hinauf und legte mich auf eine weiche Decke. Als ich mich umsah, da sah ich viele meiner Art, die schon hier waren. Hui, ich bin nicht alleine und habe Artverwandte. Damit hatte ich nun nicht gerechnet. Er wusch mich und dann wurde ich in nach Lilien duftenden Puder eingehüllt, oii herrlicher Duft. Er Schmückte mich und schenkte mir Ohrringe, ein süßes Dessous und hübsche Sommersandalen. Kämmte mein Haar und legte mir ein tolles Parfum auf. Dann umarmte und küsste er mich, ooh er hat mich lieb, ist das schön. Er ließ mich gar nicht los, offenbar mochte er mich ganz besonders. Dann flüsterte mir ins Ohr: „Du bist eine ganz besonders süße Maus, Jelena.“
Oh man, ich war ja so glücklich. Eine friedliches Zuhause und ein lieber Mann, ein liebes Paar und Freundinnen, denn Helen, Jamila Rosie und den kleinen Sammy habe ich auch schon gleich kennengelernt.

Liebe

Am nächsten Morgen kam er zu mir und legte mich ins Bett, ließ den Rolladen herunter das es nahezu dunkel war, deckte mich sanft zu, legte sich zu mir und wir schmusten und küssten uns. Das war so schön das ich alles um mich herum vergaß. Dann schliefen wir ein. Frieden, Sicherheit und Nähe in seiner reinsten Form und so lag ich in seinen Armen, nahm seine Wärme auf und war erfüllt von Freude. Und wir schliefen miteinander – so wie ich es mir immer gewünscht hatte als ich so verlassen in der Fabrik herumstand. Immer dachte ich – sowas erlebst Du doch nie – wer will Dich schon? Er! Er will mich. Deswegen fiel es mir leicht mich ihm hinzugeben und wir genossen einander in vollen Zügen fast eine Stunde lang. So liebevoll wie er mich nahm, mich streichelte und liebkoste – so liebevoll wie er mit mir sprach und mich ansah – ich wusste nun ganz sicher, hier bin ich richtig und fühlte mich  geborgen, angekommen und angenommen.

Und dann,… so gegen Mittag standen wir auf, er richtete mich wieder hübsch her und machte Fotos mit mir. Ich bin noch etwas ungeübt mit Posen aber zumindest habt ihr hier nun einen ersten Eindruck von mir.
Ich weiß, ich kann nicht eines jeden Menschen Typ sein, das ist mir klar. Aber – was sagt Ihr? Gefalle ich Euch ein klein Wenig?

 

 

 

Liebe Grüße
Eure Jelena 

 

Jelena & Die Hoffnung