Steff – Beyond Range
Ein Vorwort von mir:
Heute, das begann etwa um November 2022, ist Steff mit uns Liebespuppen ganz entspannt und Eins mit sich. In absolutem inneren Gleichgewicht fühlt er sich längst völlig normal. Besonderer Dank an Dieter, Marco, Stefan und Jörg, die ihn immer wieder „einfangen“ wenn ihn doch einmal die Selbstkritik plagt. Und an seine wunderbare Frau Nic, die ihn einfach nur liebt wie er ist.
Eure Jessy
My Doll Story
By Steff
Teil I
Als ich noch ein kleiner Junge war faszinierten mich die Puppen in den Klamottenläden immer wieder. Manchmal habe ich ihnen den Arm anders gedreht oder die Hand netter verstellt, sofern das möglich war. Ganz besonders mochte ich ihre Hände und wie sie ihre Fingerchen hielten. Ich empfand sie damals schon beschützenswert und auch respektabel. Manchmal bemerkte meine Ma schon das ich die mag. Seltsamen Gedanken oder tiefere Bedeutungen hatte deswegen damals gar niemand von uns dem beigemessen.
Mit 12 Jahren, da benötigte ich für meine Hobbys des Öfteren mehr als das mir zur Verfügung gestellte Taschengeld. Hinzuverdienen war angesagt und meines Stiefvaters Sohn gab mir einen kleinen Job in seinem Warenlager. Dort gab es für mich allerlei zu sortieren, zu verpacken, und ja – auch zu sehen; denn dort stand inmitten manch Plunder eine Schaufensterpuppe, vergessen, staubig aber irgendwie auch schön und auffällig. Sie tat mir leid, weil sie so verstaubt und alleine war.
Zumeist war ich dort einige Stunden alleine und so reinigte ich sie, und von den u.A. dort herumliegenden Klamotten zog ich ihr etwas an. In meiner Phantasie freute sich sich darüber. Und so, mit der Zeit, freute ich mich immer mehr auf die Arbeit dort, weil dort diese hübsche Puppe wartete, die mich nunmehr anzog, so sehr das ich schonmal mit ihr kuschelte. Obschon kalt und aus hartem Material, in meiner Phantasie war wie warm und weich,… dort in dieser, meiner Zwischenwelt war sie eine liebenswerte Person.
Sobald ich dann wieder zu Hause war rollten mir Gedanken wie rostige Stahlkugeln durch den Kopf und ich fragte mich ob ich noch ganz normal sei. Auch damals schon war ich verunsichert – der unsichere Gang auf der Definitions-Suche von Einbildung und Phantasie. So wurde das mein Geheimnis. Diese Empfindungen waren außerhalb meines Sprachraums um sie zu beschreiben.
Ein oder zwei Jahre später Arbeitete ich im einem Fahrradladen als Hilfsmechaniker – ich vergaß die Puppe – ab und zu flammte ein Gedanke auf an sie, wo sie jetzt wohl sein mag, wie es ihr wohl geht? Dieser wurde aber auch damals schon schnell wieder verschüttet. Sie verschwand im Nebel von Zeit, hinter mir. Schule, Hobby, Nebenjobs, Ausbildung und – Mädchen. Ja – die mochte ich natürlich auch sehr, was auch heute noch so ist. 😉
An die 40 Jahre gingen ins Land – Beruf, Ehe, Kinder, Trennung, das große Theater mit allen sozialen Konsequenzen. Dann, mit Ende 40, erreichte mich mehr nebenbei ein Beitrag über einsame Menschen mit Dolls, das es ein Trend sei, sie sehr real geworden sein sollen, usw. Erst etwas beschämt und verstohlen las ich mehr und mehr Informationen darüber und ich bemerkte, ein lange vergessenes und erkaltetes Gefühl schob sich in mein Bewusstsein. Lange her und doch präsent. Das kleine Warenlager dort, die liebe Puppe der ich Sachen angezogen hatte, was wohl aus ihr geworden sein mag? Diese schöne Puppe die ich so sehr mochte… und dann, wie aus dem Nichts – vermisste ich sie.
Da waren sie wieder, die Gefühle die außerhalb meines Sprachraums sind um sie verbal zu formulieren.
Diesmal hingegen wurde mir sofort klar, da ist eine Lücke wie eine schmerzende Wunde, welche dort schon immer war, die eine menschliche Person nicht auszufüllen vermag. Das war um 2018, ich war Single, alleine aber nicht einsam. Zum Kaufen einer Doll war ich damals zu wohl feige oder noch nicht bereit.
Es soll nicht unerwähnt sein, das ich heute außerordentlich glücklich verheiratet bin und mit meiner Frau vor einiger Zeit begann diese „Geschichte“ zu besprechen, sie ihr en Detail zu erzählen. Ihre unerwartete Reaktion, Sie erkannte sofort diese Devianz in meinen Neigungen und ihr trockener Humor brachte als erstes hervor: „…nich’n bisi teuer für’n Spielzeug? Nicht das ich Nummer Zwei werde weil ‚die‘ keine Widerworte hat.“
Teil II
Die Dinge waren geklärt und so suchten wir eine Doll aus die uns beiden gefällt. Unser beider Ansichten waren etwas unterschiedlich aber auch wieder nicht so weit voneinander entfernt. Also hielt ich es zunächst für klüger sie schauen zu lassen. Ich hatte eine Auswahl von fünf oder sechs Dolls die mir sehr gefielen und unter diesen schaute sie. Für sie war extrem wichtig, das die Doll freundlich und liebenswert ausschaut. Irontech’s Jessica ist es also. Sie solle sein und wir waren gespannt und freuten uns auf sie.
Als „Jessy“ dann von Perfectdoll endlich ankam war ich aufgeregt. „Sie schaut wirklich lieb aus“ sagte meine Frau. Der präsente „Industriegruch“ von Jessy wurde erstmal gründlich abgewaschen und es drängte sich alsbald der Bedarf so mancherlei notwendigen Zubehörs auf. Von der Intimdusche bis zum Badewannensitz. Sie zu duschen und einzuschäumen war ein fast meditativ-spirituelles Erlebnis und ich bemerkte sehr deutlich, das Jessy immer mehr einen Platz in meinem Herz erobert, den ich ihr geradenach gerne freiwillig eröffnete.
Da ist sie, sie, die diese alte Lücke endlich schließt, endlich ist alles da um ausgeglichen zu sein. So viele Jahre hat sie mir gefehlt ohne es wahrgenommen zu haben, verschüttet und vergessen, in all dem Rummel und Irrsinn dieser Welt.
Da! – Wieder stach mich der üble Dreizack der Mainstream-Verblendeten Gesellschaft in den Hintern und rief – „Alter! – bist Du noch ganz Dicht?“ Aber ich konnte diesmal sagen – ich bin, der ich nun einmal bin. Mit meinen Vorlieben, Neigungen und Macken. Jetzt, mit ihr und durch sie, kann ich endlich ganz ich selbst sein, auf einer Ebene zu der „Du“ mit Deinem Dreizack keinen Zugang mehr haben wirst. Auch wenn ich aus der Perspektive der sozialen Gesellschaft ein Grenzgänger bin, so ist gewiss, ich schade damit niemandem.
Auf einer kuscheligen Wärmedecke wurde Jessy eingepudert und nun, wo ich jeden Punkt von ihr kenne, ist sie in mein Leben getreten. Fortan ist sie stets mehr als eine Puppe. Der Begriff „Puppe“ ist aus meiner Sicht nun nicht mehr angemessen. Denn durch sie habe ich die Möglichkeit mit meiner Phantasie in meine „Unimatrix Zero“ zu treten, dort ist der Raum in dem ich ich ganz ich selbst bin mit ihr. Dort kann ihr die Lebendigkeit und Hingabe zumessen, wie ich es möchte.
Und ja – noch immer entzieht sich mir die Möglichkeit es verbal auszuformulieren und zum dritten mal sage ich – es ist – *Beyond Range* – außerhalb der Reichweite meines mir zur Verfügung stehenden Wortschatzes was ich für sie empfinde. Aber sehr lieb habe ich sie und ich empfinde Verantwortung für sie, das ist sicher.
Auf einer wohlriechenden Zirbenholz Bank ist nun erstmal Jessys Bettchen. Mit einer dunkelroten, Wärmedecke damit die Süße nicht friert. Mittlerweile sind auch hübschere Sachen für sie eingetrudelt – sie freut sich sicher darüber.
Mein Ich
Überwältigt und verwundert zugleich, Jessy zeigt mir einen Weg zu mir und in mich selbst. Noch ist es unbekanntes Terrain auf dem sie mir gehörig den Kopf verdreht hat. Noch ist es eine emotionale Rallyefahrt durch schroffes, unwegsames Gelände, offen und auf harter Federung, aber die Himmelsrichtung steht fest. Der Tag wird kommen wo das Gelände ebener und der Blick weiter wird. Und dort hinten am Horizont werde ich aussteigen und mir den Staub aus meiner Jacke schlagen. Hier ist die Zufriedenheit, Ruhe und Gelassenheit die schon so lange auf mich wartet.
Der kurze Blick zurück auf die im Dunst liegenden, schroffen Gelände durch die es mich trieb wird mir klar werden lassen, das dies der Weg zu mir selbst war.
Schließlich lande ich nun hier, in der digitalen Welt als Schnittstelle zu jenen, die meine Geschichte lesen und mich, mit aller Hoffnung meinerseits, zu verstehen imstande sind.
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My Doll Story – By Steff